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Die Loge im Spiegel der Zeit


Lessing schreibt im Jahre 1778 in seinen Freimaurergesprächen zwischen Ernst und Falk, dass die Freimaurer „Leute (seien), die es freiwillig auf sich genommen haben, den unvermeidlichen Übeln des Staates entgegenzuarbeiten."

Von allem dem ist nicht die Rede, als in den letzten Septembertagen des Jahres 1778 der Visitator von Oberdeutschland und deputierte Schottische Obermeister der Provinzialdirektorialloge „Josef zum Reichsadler" aus Wetzlar in Münster eintrifft, um eine Tochterloge „Friedrich zu den drei Balken“ zu installieren.

Gründung 1778


Die Gründung der münsteraner Loge geht auf die Initiative von Anton Matthias Sprickmann (1749-1833) zurück, der die Lehrart der „Strikten Observanz" bei seinem Aufenthalt in Wetzlar kennen gelernt hatte. Die Bruderschaft, der am 03.Oktober 1778 installierten Loge, ist ein Spiegelbild einer Bildungsschicht, die sich aus bürgerlichen Intellektuellen und gebildetem niedrigem Adel zusammensetzt.

Sie ist gleichsam durchdrungen von der Begeisterung für die Freiheitsrechte, aber auch genauso echt und aufrichtig in ihrer aufklärungsfeindlichen Haltung, als Folge des modifizierten Menschenbildes der Sturm-und-Drang-Zeit. Die Strikte Observanz fördert die esoterisch-mystische Spekulation im Sinne einer höheren Erkenntnis- und Wahrheitssuche.

Einer solchen Loge können auch geistliche Herren sowie Bedienstete des Fürstbischofs beitreten, da sie keinen Gegensatz zur katholischen Kirche bildet. Und der Bischof weiß sehr wohl, was er tut, wenn er die päpstliche Bulle, die sich gegen die Freimaurer richtet, einfach unbeachtet und seine Hofchargen, Canonici und Offiziere gewähren lässt.

Medaille, die anlässlich des Konvents geschlagen wurde

Bildquelle - Freimaurer Wiki & Urheberhinweis (externer Link)

Wilhelmsbader Konvent


Das Debakel des Wilhelmsbader Konvent für die Anhänger der "Strikten Observanz" fällt in Münster mit ungesicherten politischen Verhältnissen nach dem Tod des Bischofs zusammen. Das Logenleben ruht weitestgehend bis zum Jahr 1788. Es sind elf Brüder, nur drei davon haben vor 10 Jahren die Loge mitbegründet, die sich zunächst als Leseclub und ab dem 11. Februar 1789 als Loge des Eklektischen Bundes regelmäßig treffen.

Die rational-aufklärerische Ausrichtung des Eklektischen Bundes steht im Widerspruch zur mystisch ausgerichteten "Strikten Observanz". Nur auf beharrliches Bitten und Drängen hin, ist der Meister vom Stuhl der alten Loge Br. Graf von Westerholt bereit, die Ritualwerkzeuge auszuhändigen. Der neue Geist kommt auch im Beschluss der Bruderschaft zum Ausdruck, der Loge den Namen "Zu den drei Balken des neuen Tempels" zu geben.
Man mag nämlich keinen Friedrich als Schutzpatron und erst recht keine Wappenbalken mehr. Es sollen vielmehr feste Träger eines neuen Tempels, einer neuen Gesinnung, sein - wir sind schließlich im Jahr der französischen Revolution.

Preußen in Münster


Nach dem Frieden von Lüneville ziehen die Preußen in Münster ein. Der Loge wird im Schreiben vom 20. Juli 1802 mitgeteilt, dass die Geheimbündelei strengstens verboten sei. Ausgenommen seien die drei preußischen Großlogen. Gleichzeitig legt man der Loge nahe, gegenüber einer Vielzahl von namentlich genannten Offizieren und Zivilbeamten der stationierten königlichen Truppen, die Freimaurer sind, brüderliche Liebe walten zu lassen.

Den Br. Generalleutnant von Blücher bittet man um die Annahme des ersten Hammers der Loge, die nun zur "Großen National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln" gehört. Die Loge erfährt einen großen Aufschwung mit Ausnahme eines kurzen französischen Intermezzos. Die Anhänger der "Strikten Observanz" finden nun auch wieder eine geistige Heimat in der Loge. Die rational-aufklärerische Richtung des Eklektischen Bundes und die mythische Ausrichtung der Suche nach höherer Erkenntnis und Wahrheit findet eine Symbiose in Fichtes "Philosophie eines Freimaurers", der im zwölften Brief die Vaterlandsliebe und das Weltbürgertum miteinander verknüpft.

In deren Folge erwarb die Loge eine Vorbildfunktion für die neue bürgerliche Gesellschaft. Sie verstand sich als Einübungsstätte von Bürgerlichkeit als einem kulturellen Wertekanon, der sich unter anderem aus den Tugenden Moralität, Innerlichkeit, Bruderliebe, Fleiß, Vaterlandsliebe und Loyalität zum Staate zusammensetzte. Die weiterhin praktizierte Abschottung des Logenlebens gegenüber einer interessierten Öffentlichkeit, wurde nicht länger als Schutz vor staatlicher oder kirchlicher Gängelung gerechtfertigt. Sie sollte nun der Vertrauensbildung der Logenmitglieder untereinander dienen

Quelle: 

Gebhard Leberecht von Blücher (1742-1819) als Generalleutnant der Demarkationstruppen, um 1804 | 1804 [um]
Objekt: Münster, Stadtmuseum Münster, Stadtmuseum/T. Samek
URL: http://www.westfaelische-geschichte.de/med168
Internet-Portal "Westfälische Geschichte"

Zu den drey Balken


So war es nur konsequent, dass die Loge unter Hammerführung des Br. Werlitz die Änderung des Namens in „Zu den drey Balken“ am 18. Dezember 1882 beantragte. Der "neue Tempel" hatte seinen alten Sinn verloren. Die sich nun herausgebildete Grundhaltung, die einerseits zur persönlichen Charakterbildung anhält, andererseits eine kosmopolitische Vaterlandsliebe ausprägt, bleibt trotz persönlicher Verunglimpfungen während des Kulturkampfes und über das Ende des Ersten Weltkrieges hinaus erhalten.

172 Brüder


Im Jahr 1928, also zum 150. Stiftungsfest, hatte die Loge zu diser Zeit die höchste Mitgliederzahl ihrer Geschichte: 172 ordentliche Mitglieder und 11 ständig besuchende.

Sie erklärt zum einen die Attraktion der Loge in der Stadt Münster und zum anderen aber auch die Sprachlosigkeit gegenüber den ausländischen, insbesondere den englischen Logen, denn die Brüder können die neutrale Haltung der ausländischen Brüder gegenüber der Ungerechtigkeiten des Versailler Vertrages nicht begreifen. Letzlich muss eine solche Grundhaltung an einem System scheitern, dass anstelle von Individualität und nationaler Integrität, Gemeinschaftsideologie und Chauvinismus setzt

Die dunkle Zeit


Am 21. Juli 1935 gehen die Lichter aus.

Schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg treffen sich die Brüder der "Drei Weltkugeln", um in Westdeutschland neu beginnen zu können. Am 29. Juni 1947 wird wieder das Licht in die Logenräume eingebracht. Im Juni 1949 tagen in der Paulskirche zu Frankfurt a. M., Brüder von 148 westdeutschen Logen, darunter unsere Brr. Adolf Braun und Eduard Möller, um eine Vereinigte Großloge von Deutschland zu gründen.

Der Neuanfang ist schwer. Das Logenvermögen ist konfisziert und viele Brüder sind in ihrer freimaurerischen Haltung verunsichert. Der materielle Schaden kann Dank großer Anstrengungen bald weitgehend behoben werden, auch wenn man sich von der Münsteraner Bijou-Sammlung für immer trennen muss.

Immaterieller Schaden


Der immaterielle Schaden ist weitaus größer. Woran kann sich der Freimaurer orientieren?

Nicht nur das die Welt sich verändert hat, die bisherigen Werte können unhinterfragt nicht mehr übernommen werden. Was bleibt ist einzig die Arbeit am rauen Stein, die Humanität garantiert, Grenzen niederreißen kann, Vorurteile abbauen hilft und Menschen mit Menschen verbindet.